Roberta’s Pizza, in Brooklyn an der Grenze von Williamsburgh nach Bushwick gelegen, erreicht man mit der Metro Linie L von der 8th Avenue nach Rockaway Parkway. Morgan Avenue aussteigen, die Bogart Street gen Süden stolpern, dann rechts in die Moore Street und da steht das gute Stück auf der rechten Seite. Durch einen dicken Vorhang fällt man gleich dem in der Stadt unvermeidlichen Maître d‘ in die Arme, der einem den weiteren Weg in den Laden versperrt. Freundlich. Tische seien gerade keine frei. 35 bis 40 Minuten würde das wohl noch dauern. 6 Leute? Name? Telefonnummer? Wir rufen an, sobald der Tisch frei wird. Ob wir in der Nachbarschaft spazieren gehen wollten? Nein. Oder vor der Tür warten? Nein. Oder im Barzelt im Innenhof?
Auf dem Weg ins Barzelt, vorbei an einer kleinen Radiostation (!), versuche ich mir kurz auszumalen, wie dieses Gespräch in der Heimat abgelaufen wäre. Zunächst einmal wären wir mit unserer 6-köpfigen Mannschaft samt Kinderwagen in den Laden gestapft, hätten uns dort umgesehen und wären vielleicht, ganz vielleicht mit einer Servicekraft ins Gespräch gekommen. Die hätte uns dann gesagt, es wäre voll und es gäbe keinen Tisch. Ob denn bald einer frei werde, hätten wir gefragt und mit viel Glück ein Achselzucken geerntet. Und wir wären missmutig von dannen gezogen. Vermutlich wäre es auf jeden Fall nichts geworden, schlechte Laune hin oder her.
Die Bar, eine Mischung aus karibischer Wellblechhütte und Rotes-Kreuz-Feldlazarett, ist ein warmer, entspannter, leicht heruntergekommen wirkender Ort, der von einem großen Holzofen mit Temperatur und einer unscheinbaren Theke mit Getränken versorgt wird. Die Wartezeit wirkt dadurch gar nicht wie eine solche, sondern wie ein normaler Kneipenbesuch. Die Bierauswahl ist interessant. Alles ist fremd, lokale Brauereien lassen hier ihre Ales und Lagers feilbieten. Ein Blue Point aus Long Island gewinnt die Blindwahl. Kräftiger als die gängigen Klischees über amerikanisches Bier vermuten lassen. Die Schneider Weisse kam aber auch einfach nicht infrage.
Jemand ruft unseren Namen in die Bar, unser Tisch steht bereit. Kaum sitzen wir bringt unser Service Partner die Karten. Es ist trotz des beachtlichen Betriebs keine Eile zu spüren, kein Gehetztwerden. Die Stimmung im Roberta’s ist lebendig, ausgelassen, unaufdringlich. Und wie ist die Pizza? Neben Pizza Pazza in Pedralva, Portugal, und Due Forni in Berlin serviert Roberta’s Pizza eine der Top-3 Pizzen der mir bekannten Pizzeria-Welt. Im Gegensatz zur Berliner Trattoria, wo man bisweilen wie ein pestkranker Wegelagerer aristokratisch missachtet wird, ist der Service vorbildlich, freundlich, dabei keineswegs anbiedernd. Freundlich ist der Service im Pizza Pazza zwar meistens auch, dafür dort aber oft arg überfordert, und manchmal mit der Gesamtsituation, die ein vollkommen überbuchtes Lokal so mit sich bringt, sehr unzufrieden wirkend. Roberta’s gewinnt in diesen Kategorien mit Leichtigkeit und überzeugt zudem noch mit Kreationen wie Bee Sting (Sopressata Salami | Chili | Honey) oder The Good Girl (Kale | Pork Sausage | Taleggio Cheese | Garlic | Chili). Billig ist das alles hier nicht, aber wer Pizza liebt und darunter nicht die als American Pizza verschriene Quiche-Variante mit dem dicken Boden versteht (die auch was für sich haben kann, sicher), der wird auch Roberta’s lieben.
Roberta’s
261 Moore Street
Brooklyn, NY 11206
(718) 417-1118
Autor von „Willkommen im Meer“ und „Krumme Dinger“, Netzmensch und Familienvater aus Oldenburg. Douglas-Adams-Fan. Nach einem schweren Schlaganfall im Mai 2015 Aphasiker auf dem Weg der Besserung.
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