Der zweite Teil meiner re:publica 12 Berichterstattung, in welchem ich den Nerdkönig über den grünen Klee lobe, weil er inhaltlich „spot on“ ist, obwohl er das zu unscharf und schwurbelig verpackt.
Einer der wichtigsten Aspekte auf einer Veranstaltung wie der re:publica ist ja das… nee, ich muss kurz mal zurückspulen. Das vielleicht wichtigste an einer Veranstaltung wie der re:publica ist, dass es einem gelingt, den Leuten, die da nicht hingehen, zu erklären, was das für eine Veranstaltung ist und warum man da hingeht (und sie eben nicht). Ich hatte beinahe darum gebeten, dass man mir das im Vorfeld so erklärt, dass ich’s weitererzählen kann, aber irgendwie mache ich das doch lieber selber.
Nächstes Jahr.
Einer der wichtigsten Aspekte auf einer Veranstaltung wie der re:publica ist ja das Bestimmen der Diskursebene (das kam jetzt auch für mich überraschend, aber ich schaue mal, wie ich aus der Nummer wieder rauskomme). Bei der re:publica, so habe ich letztes Jahr gelernt, macht das der Veranstalter lediglich über die Programmzusammenstellung, auf das ein Diskurs sich ergeben möge. Das gelang 2011 ebenso wenig wie 2012, so dass lediglich Minidiskurse zu bestimmten Themenclustern geführt wurden. Wurde die große Diskursebene, die eigentlich die Keynote abstecken sollte („Angst, Furcht, Depression – die dunkle Seite der Macht sie sind“), 2011 noch zaghaft von Gunter Dueck dem großen Publikum unterbreitet, so servierte sie uns diesmal kein geringerer als der Nerdkönig himself.
Natürlich ging es bei der großen Bloggerkonferenz um das Thema Urheberrecht, mit dem ich mich im Schlussteil der diesjährigen Trilogie beschäftigen möchte, aber auch diesem Thema liegt der eigentliche Nerv zugrunde, der alle „Internet-Themen“ mit teils üblen Schmerzen versorgt und den Sascha Lobo in seinem Überraschungsvortrag anriss: Was ist eigentlich Öffentlichkeit im Zeitalter des Internets? Dass diese Mutter aller Themen nicht kontrovers diskutiert wird ist das wohl verheerendste Versäumnis der Netzgemeinde. Warum dieses Thema kontrovers diskutiert werden müsste? Warum? WARUM? Grundgütiger!
Wir erkennen allmählich in Diskussionen, so auch dem Panel zum digitalen Marktplatz des globalen Dorfes, dass es einige signifikante Unterschiede in den Auffassungen von Öffentlichkeit gibt, nämlich der Unterscheidung zwischen öffentlichem Raum und staatlichem Eigentum einerseits und, schwerwiegender, zwischen emotionalem und juristischem Blickwinkel. Denn vollkommen unabhängig von allen AGBs, die einem ein Unternehmen wie facebook um die Ohren haut, ganz gleich, ob von mir hochgeladene Photos automatisch Mark Zuckerberg (oder „Zuck“ wie er scheinbar genannt werden möchte) als Urheber zugeschrieben bekommen: wir nehmen facebook emotional als öffentlichen Raum wahr, weil wir das Internet als öffentlichen Raum wahrnehmen. Täten wir das nicht, würden wir dort nichts posten.
Natürlich wissen wir um das Geschäftsmodell der Plattform: Ihr dürft hier alles (naja, eine ganze Menge jedenfalls) tun, alles gratis, dafür verkaufen wir eure Daten an Massenmailversender und die anderen Hirnis, die die rechte Spalte bei facebook als gewinnbringend einschätzen. Wir empfinden das als weitgehend unproblematisch, weil sich das SPAM-Aufkommen seit facebook nicht großartig verschlimmert hat und weil Werbung in den meisten Fällen immer noch kotzerbärmlich langweilig ist. Also alles beim Alten und so schreiben wir ungeniert alles in den Äther, was uns so beschäftigt. Es ist unter Anderem diese Leichtfertigkeit, die Moglis Haltung unterfüttert und die seine Attacke so schmerzhaft macht.
Dies ist bei aller kontroversen Diskussion über das Urheberrecht, die auch auf dieser Veranstaltung ganz drollig geführt wurde, das Herz der Debatte, denn der Unterschied zwischen gefühlter und juristischer Öffentlichkeit ist abseits der digitalen Debatte in der analogen Welt eben auch erheblich aufgeladen. Die digitale Bohème aber sucht wieder einmal nach der Klärung der Fragen exklusiv in der digitalen Welt und schwadroniert über den Unterschied zwischen staatlichem Eigentum und öffentlichem Raum.
Auch hier war es Sascha Lobo, der sowohl in seinem Vortrag als auch in einer Paneldiskussion zur Verstaatlichung des Internets oder dem digitalen Dorf oder Marktplatz oder was-weiß-ich, darauf hinwies, dass wir neue Narrative bräuchten, um unsere Anliegen durchsetzen zu können. Ich bin mir allerdings nicht so sicher, ob das Gros der anwesenden, wonnevoll in die Hände patschenden Der-Sascha-sagt-aber-auch-immer-so-lustige-Sachen-Groupies sich der Bedeutung des Gesagten überhaupt bewusst sind. Ich könnte hier jetzt erklären, dass Narrative die zwischenmenschlichen Proteine der Psychologie wären, wenn Meme die Gene derselbigen sind, aber die ganze Sache ist womöglich zu ernst, um sie mit Wortwitz zu entzaubern oder gar erniedrigen zu wollen.
Leider bedarf dieses Thema eines größeren Raums als der handelsübliche Blog so bietet, vermutlich sogar weitaus mehr als des Königs Kolumne zu bieten hat. Also gehen wir in Klausur und sinnen nach Wegen, um endlich die analoge und die digitale Sache zusammenzubringen. Also etwas Geduld, bitte.
Trotzdem gibt’s demnächst noch einen Nachschlag zum Thema Urheberrecht, um die Trilogie abzurunden. Stay tuned.
Autor von „Willkommen im Meer“ und „Krumme Dinger“, Netzmensch und Familienvater aus Oldenburg. Douglas-Adams-Fan. Nach einem schweren Schlaganfall im Mai 2015 Aphasiker auf dem Weg der Besserung.
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