Tortenquatsch mit Schwindler-Gerd

torten„Wenn man nicht mehr weiter weiß, kann man immer noch mit Torten werfen.“

Dass dies ein Sprichwort paläontologischer Dimension ist, weiß ja ein Jeder – außer Schwindler-Gerd.
Das ist ja auch nicht weiter schlimm. Der weiß ja sonst ganz schön viel, der ist nämlich Professor. Was er, zum Beispiel, ganz dolle weiß, ist, dass die Motzköppe immer ihre Meinung kundtun, die Zustimmer lieber schweigen. Es sei denn, es kommen Briefe aus dem Zustimmerlager. Dann ist’s andersrum. Das hat der Gerd nicht nur studiert, das unterrichtet er auch an irgendeiner Uni in Karlsruhe, abends nach Dienstschluss. Und das ist wohl auch Gerds Problem: Wie kann ich in Karlsruhe Professor, und gleichzeitig in Oldenburg Bürgermeister sein? Das ist voll krass schwer zu beantworten, weil, das geht ja gar nicht. Und was ja auch gar nicht geht: Wieso will ich überhaupt Bürgermeister in Oldenburg sein, wenn ich doch schon Professor in Karlsruhe bin? Und wenn ich dazu noch aus Karlsruhe käme, wäre mir dann nicht etwa der Stuhl näher als das Rathaus?
„Moooo-ment“, sagt da der Gerd. „Das ist ja alles ganz schlecht recherchiert, weil, meine Professur, die tut ja ruhen.“
Und schön könnte das Leben in Oldenburg sein, wenn das nicht alles wäre, was ruhte.

Der Gerd, der Oberprofessorbürgermeister, ist nämlich ein oft unter-, manchmal auch über-, meistens aber eher gar nicht geschätzter Politikmann in diesen Gefilden. Lustigerweise hat der Gerd sich Freunde gemacht in der Stadt, indem er sich eine Torte (oder auch zwei) ins Gesicht hat werfen lassen. Wobei ‚werfen‘ nicht so stimmen will. Es gibt ja videologische Zeitzeugen. ‚Drücken‘ scheint da die angemessenere Wortwahl. Jedenfalls hat der Gerd seitdem viele Freunde unter seinen Feinden, die sich gegenseitig darin in Sachen Deutungshoheit überbieten wollen, was für ein furchtbarer, terroristischer Akt diese „Tortung“ war.

Der Gerd schwadronierte danach, wie sehr ihn diese Gräueltat tiefenpsychologisch verstümmelt habe, und dass um so schmerzlicher, weil er für die vermeintlichen Tortungsgründe gar nichts könne. Eitel und inhaltlich dünn, feige und selbstverliebt sei diese Tat gewesen, schmierlappte der erste Oldenbürger weiter vor sich hin, so dass man meinen könnte, er habe vor einem Spiegel gestanden, als er sich bekolumnierte. Falls er sich ein Tränchen verdrückt hat, ob seiner verletzten Marketingchirurgen-Seele, so mag zumindest ich das nicht mehr wissen wollen.

„Wie man in den Wald scheisst, so stinkt es zurück“, sagt ein anderes Stück Kulturgut. Als der Gerd sich vor eineinhalb Jahren in den Kopf gesetzt hat, Oberbürgermeister von Oldenburg zu werden, wusste er, was die Menschen bewegt. Also ergaunerte er sich mit dem populärsten Unrat, der ihm durch die Glocke gluckerte, eine Koalition der Gutmütigen, denen er hinterher ihre Ansprüche an sein Wahlversprechen achselzuckend vom Teller fraß. Er werde alles in seiner Macht stehende tun, um das ECE am Schloss zu verhindern, hatte er gesagt, und da diese ganze Verhinderung eben gar nicht in seiner Macht gestanden habe, sei das ja wohl auch keine Lüge gewesen, ätschbätsch.

Was der Gerd aber auch so gar nicht abkann, ist, wenn er gebeten wird, doch mal was für Leute zu tun, neben denen er sich nicht auf den Titelseiten der Presse wiederfindet. Dann kann er mal wieder nichts machen, verhöhnt die lästigen Bittsteller ob ihrer lächerlichen Anliegen, bringt lieber eigenhändig Oldenburg zum Kochen und überlegt sich alldieweil, wie er den nächsten Stadtteil seinem persönlichen ästhetischen Empfinden nach zeckenfrei kriegt. Im Großen und Ganzen aber ist der Mann aber allem Anschein nach für gar nichts zuständig, was ihn nicht so interessiert, so dass der Dialog, den er den BürgerInnen lässig anbietet, eben nichts bewirkt. Und so färbt das Amt des Grüßaugusts allmählich auch auf seine Umwelt ab, weshalb manch einer vor lauter Tortenwurfgelüsten wahrscheinlich kein Auge mehr zubekommt. Denn tief in unserem Innersten spüren wir doch alle, dass der Clown die Torte abkriegen muss, weil sonst die ganze abendländische Kultur auf dem Spiel steht.

Ich wünschte nur, ich hätte dabei sein können. Dann wüsste ich jetzt nämlich auch, wie jemand wirkt, der sich vor lauter Eitelkeit und Geltungssucht eine Maske aufsetzt.


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