Deutschland verblödet, da gibt es kein Vertun, das haben wir schriftlich. Was wir aber nicht schriftlich haben ist, warum Deutschland verblödet. Klar, diversen Bundespräsis ruckt es zu wenig in den Kuschelecken unserer Schulen, oder es gibt zu wenig deutschsprachigen Islam-Unterricht. Aber das war ja früher nicht anders, als wir noch die Bildungselite dieses Sonnensystems produzierten. In den Schulen hat sich seither nichts geändert, folglich müssen die Probleme andernorts zu finden sein, wo Kindern Bildung widerfährt, nämlich Zuhause.
Ein besonders einschneidender Moment in der Kinderaufzucht ist jener Zeitpunkt, an dem das Kind seinem aktiven Wortschatz die Vokabeln ›wieso‹, ›weshalb‹, ›warum‹ hinzufügt, denn dann wird gefragt, bis der Gefragte klein beigibt. Hier werden die Weichen für zukünftiges Forschungsverhalten des Kindes gestellt, denn wir wissen aus zuverlässigen Quellen, die aus Gründen des Datenschutzes an dieser Stelle nicht genannt werden wollen, dass Kinder situativ lernen und ihre Lernstrategie anhand ihrer Erfolge wie auch Misserfolge anpassen. Aus der PISA-Studie der OECD wissen wir aber auch, dass deutsche Kinder in ihren Anpassungsstrategien international hinterherhinken. Daher ist es an der Zeit, diese Defizite anhand des folgenden Beispieldialogs zu untersuchen. In diesem Szenario unterhält sich ein zunächst geschlechtsloses Elternteil mit einem ebenso geschlechtslosen Kind im Kindergartenalter.
»Du musst jetzt ins Bett.« – »Warum?« – »Es ist schon spät.« – »Wieso?«
Hier verläuft in der Regel der erste Kommunikationsbruch, weil dieser Sachverhalt auf die Schnelle nicht kindgerecht zu erklären ist. Also geht’s einfach irgendwie weiter:
»Du musst morgen wieder früh raus.« – »Warum?« – »Weil Kindergarten ist.« – »Warum?« – »Weil morgen Dienstag ist.« – »Warum?« – Weil heute Montag ist und der Tag nach dem Montag nun einmal Dienstag heisst.« – »Warum?«
Und ehe man sich’s versieht hat man eine Diskussion über Sprachgeschichte am Hals, ein äußerst undankbares Thema, wenn man Vierjährige ins Bett bringen möchte.

Autor von „Willkommen im Meer“ und „Krumme Dinger“, Netzmensch und Familienvater aus Oldenburg. Douglas-Adams-Fan. Nach einem schweren Schlaganfall im Mai 2015 Aphasiker auf dem Weg der Besserung.